Donnerstag, 29. September 2011

Vom Wasserausfall, einem Elternabend und lockeren Bettbalken

Gestern hatten wir Wasserausfall und das am Mittag und am Abend. Ich war nach dem Tag total verschwitzt und wollte  mich so gerne bei der Hitze duschen oder mir wenigstens mal die Hände waschen. Zum Glück floss das Wasser nach 10 Stunden dann wieder. Eine gute Sache hat das Ganze allerdings doch: Wir sollten dankbar sein, dass es in Deutschland immer Wasser gibt- das ist nicht überall eine Selbstverständlichkeit!

Eine Maus hat vor 2 Tagen unseren Vorratsschrank geplündert, obwohl es da nicht viel zu holen gab. Glücklicherweise hat sie nicht mein Müsli gefunden J Hab ich euch eigentlich schon von den vielen Eidechsen erzählt, die hier überall die Wände entlangkrabbeln  oder von dem Kolibri, den ich heute Morgen direkt vor unserem Haus entdeckt habe? Kolumbien hat so eine große Artenvielfalt und man muss nur mal die Augen aufmachen und sieht die Schönheit der Natur. Wunderschön.

Als es Letzt wieder so stark geregnet hat, haben wir uns ein Taxi genommen und uns zu viert hinten reingequetscht. Die Straßen waren teilweise so überflutet, dass sich kleine Flüsse bzw. ganze Seen gebildet haben. Als wir dann durch so einen gefahren sind, ist das Auto darin so tief versunken, dass das dreckige Schlammwasser an den Seiten durch die Türen lief und wir sozusagen im Nassen saßen.  Ich fand das Ganze sehr amüsant.

Wir hatten am Dienstag Elternabend. Es kamen insgesamt 11 Teilnehmer und der Abend war wirklich lustig. Ab und zu hatte ich das Gefühl auf einem Kindergeburtstag zu sein -nur mit Erwachsenen eben. Pünktlichkeit kann man hier sowieso vergessen- die letzten kamen eine Stunde zu spät. Dass man sich gegenseitig zuhört, ist auch nicht selbstverständlich. Jedoch konnte ich verstehen, dass es viel zu erzählen gab. Immerhin gab es in ihrem Viertel „Loma Fresca“ eine Schießerei zwischen zwei Bandenmitgliedern. Soweit ich das verstanden habe, wurde einer jetzt aber festgenommen. Ist auch wirklich besser so. Einmal die Woche bin ich dort auch und in eine Schießerei will ich wirklich nicht geraten. Aber ich gehöre ja zu keiner Bande und deswegen fühle ich mich jetzt nicht bedroht. Also ihr braucht euch keine Sorgen zu machen! Nun gut- zurück zum Elternabend. Nach einem  Thema (ich glaube es ging um Ziele, die man sich setzen soll) wurden Spiele gespielt, wie „Reise nach Jerusalem“. Die waren so begeistert dabei, dass sie sich gegenseitig die Stühle weggezogen haben und die eine dann auf ihrem Hintern gelandet ist! Das muss man sich erst einmal vorstellen: Erwachsene tanzen um Stühle herum, schubsen sich gegenseitig und kämpfen um einen Platz!  Jetzt weiß ich auch warum die Kinder so sind, wie sie sind! Zwischendrin gab es kleine Snacks, wie Lutscher. Eine Frau steckte sich dann drei Lutscher in ihren Pferdezopf. Das macht man hier so. Meine Leiterin macht das täglich mit ihrem Kugelschreiber. Das Beste war aber das „Wichteln“. Für alle, die das Spiel nicht kennen: Man zieht einen anderen Namen und schenkt dieser Person eine Kleinigkeit.  Ich kannte dieses Spiel bisher immer nur so, dass der Name geheim bleibt- aber hier sind sie so neugierig, dass es öffentlich gesagt wird. Ich habe mich geärgert, dass ich eine Woche zuvor nicht mitgespielt hatte und nun auch kein Geschenk bekam. Aber als ich dann das Geschenk von meiner Leiterin gesehen habe, fand ich es nicht mehr ganz so schlimm! Sie hat doch tatsächlich eine Unterhose mit Affen drauf geschenkt bekommen (meine Leiterin ist 30 Jahre alt). Ich muss immer noch lachen, wenn ich daran denke. Wer verschenkt denn zum Wichteln Unterwäsche? Und das war kein Einzelfall, meine Zimmerkollegin durfte sich ebenfalls über Unterwäsche freuen.

Momentan haben wir Männerbesuch aus Hawaii. Rob, ein Mann von JUCUM, der gerade in Cartagena auf Zwischenreise ist, kam vor zwei Tagen an und wird für eine Woche lang unser Gast sein. Der macht einen ganz netten Eindruck und hat mir sogar schon geholfen die Dekoration aufzuhängen, weil das ja mit meinem Fuß momentan nicht so gut klappt.

Apropos mein Fuß. Dem geht es überraschend besser. Die letzten Tage habe ich mich ein bisschen geschont und ich kann wieder einigermaßen laufen. Ich glaube, dass das auch ein Übersetzungsfehler war. Ich mein, wie kann ein Fuß „angebrochen“ sein? Entweder ist etwas gebrochen oder nicht und bei mir war glücklicherweise nichts gebrochen, höchstens verstaucht. Was ich damit sagen will: Es geht wieder aufwärts! Obwohl mir gestern wieder etwas Neues zugestoßen ist. Ich saß mit einer Freundin im unteren Bett eines Hochbettes und wir haben ein bisschen geredet. Sie meinte noch so, dass sich am Morgen ein Brett vom Hochbett gelöst hat und dies dann heruntergefallen ist. Glücklicherweise hat in diesem Moment dort keiner gelegen. Kaum hatte sie das gesagt, fällt mir selbst ein Holzbalken aufs Gesicht! Da haben wir erst einmal gelacht. Aus einem mir unverständlichen Grund schrauben sie so etwas nicht fest. Aber die Verletzung ist nur halb so schlimm und man sieht auch gar nichts. Ich verstehe nur nicht warum ich mich in Kolumbien sooft verletze, noch nicht einmal ein Bett ist sicher!

Sonntag, 25. September 2011

Über Kinder, Kakerlaken und einen angebrochenen Fuß

Als wir das letzte Mal im Armenviertel Loma Fresca waren und dort Familien besucht haben, hat mich ein kleines Mädchen gefragt wie viele Kinder ich habe. Anfangs fand ich die Frage noch lustig, aber als ich wirklich darüber nachgedacht habe, wurde mir klar, dass die meisten in meinem Alter schon mehrere Kinder haben und damit eigentlich total überfordert sind. Wir haben eine Familie besucht und ich habe neun Kinder gezählt, das Jüngste war 15 Tage alt. Ich hoffe und glaube, dass darunter aber auch Nachbarskinder waren. Mit den Kindern habe ich spontan ein paar Abklatschspiele gespielt und die waren davon so begeistert, dass sich zwei gleich auf meinen Schoß gesetzt haben und  die anderen mir die Haare machen wollten. Wenn sich dort nur einer mal richtig mit den Kindern beschäftigen würde, dann wäre das ein guter Anfang. Aber wie will man sich um die eigenen Kinder kümmern, wenn man selbst fast noch ein Kind ist?

Am Samstagmorgen waren wir in Cartagena am Meer. Wenn ich früher gewusst hätte, dass es nur 20 Minuten Fußweg von meinem neuen zuhause entfernt liegt, dann wäre ich dort schon viel früher hingegangen. Zwar liegt es direkt an einer Hauptstraße und es gibt auch keinen wirklichen Strand. Außerdem ist es leider auch nicht ganz so sauber. Da kommt es schon mal vor, dass eine Chipstüte neben dir im Meer schwimmt oder ein Junge seinem verängstigtem Hund das Schwimmen beibringen will. Jedoch ist am Strand nichts los, das Meer ist endlos weit, warm und klar und ich habe 30 Pelikane gezählt, die dann über unseren Köpfen davongeflogen sind.

Am Freitag hatten wir Kinderprogramm. Einen Tag zuvor habe ich dort die Dekoration ausgewechselt und eine Kakerlake an der Decke entdeckt. Meine Zimmerkollegin hat dann irgendein Spray draufgesprüht und die Kakerlake lag dann am nächsten Tag tot auf dem Boden. Jedoch haben wir sie vergessen und das wurde mir beinahe zum Verhängnis. Nämlich genau in dieser Ecke stand ich 2 Stunden lang um auf die Kinder aufzupassen und direkt neben mir war die Kakerlake. Bei den Liedern hab ich natürlich mitgetanzt um als gutes Beispiel voranzugehen, beinahe wäre ich dabei auf die Kakerlake gesprungen und ich muss dazu sagen, dass ich keine Schuhe anhatte! Glücklicherweise wurde ich noch rechtzeitig gewarnt. Anstatt in die Kakerlake zu hüpfen, bin ich dann jedoch in eine Reißzwecke getreten. Und einen Tag später habe ich mit jemand „Beinstellen“ gespielt. Bei dem Spiel habe ich definitiv verloren und mir den Fuß 1. Grades angebrochen! Jetzt muss ich ihn ein und halb Wochen hochlegen. Das ist wirklich blöd gelaufen und ich glaube das wird eine schwere Zeit für mich nichts zu tun. Aber man kann es auch positiv sehen: Mir ist nicht mehr passiert!

Donnerstag, 22. September 2011

Über Moskitos, Regen, Motos und CHEPE


Heute habe ich meine Stiche gezählt und ich komme auf ganze 50 Stück! Wenn das so weitergeht, dann habe ich in 4 Wochen 200 davon, vorausgesetzt sie würden nicht wieder abheilen- was sie aber glücklicherweise doch tun. Meine Zimmerkollegin meinte, dass jetzt die Regenzeit anfängt und bis Dezember andauert. Deshalb habe ich den Kampf gegen die Moskitos begonnen und mir ein Netz übers Bett gehängt- was diese Nacht aber nicht viel gebracht hat, denn irgendwie ist trotzdem so ein Viech zu mir hereingekommen. Die sind schlauer als ich dachte!

Dass die Regenzeit anfängt haben wir heute zu spüren bekommen. Wir waren beim Spanischunterricht und plötzlich fing es heftig an zu donnern, zu blitzen und zu regnen. Da das mit der Kanalisation nicht so läuft wie in Deutschland, staut sich das Wasser auf den Straßen. Diese werden zu Flüssen und man hat kaum eine Chance gegen die Fontäne, die einen nassspritzt, wenn ein Auto vorbeifährt- und es fahren ganz schön viele Autos vorbei! Ich bin also die überschwemmten Gehwege entlang gesprungen mit meinen Halbschuhen -die jetzt durchnässt sind- und bin zufällig auf drei Jungs gestoßen, die ich kenne und die waren so nett und haben mich begleitet. Einer hat mich sogar über eine überschwemmte Straße getragen. Ich mein, wann wird man schon mal über die Straße getragen? Vielleicht hat der Regen ja doch was Gutes  an sich.

Gestern habe ich mir einen Ventilator für meinen Laptop gekauft, da mein Akku wegen der Hitze heiß läuft. Ein Kumpel hat mich begleitet und er meinte, dass er danach zu einem Treffen gehe und ich mitkommen könne. Ich dachte dies sei ein Treffen von JUCUM, aber der Bus hat dann irgendwo im Getümmel bei einem Basketballplatz gehalten auf dem provisorisch Plastikstühle aufgestellt waren. Es war bereits stockdunkel, ich hatte keine Ahnung wo wir waren, hielt einem Laptopventilator in der Hand und sämtliche Menschen starrten mich an, weil ich die einzige Weiße war. Als ich dann die vielen Plakate von einem gewissen CHEPE gesehen habe, wurde mir klar, dass wir auf einer politischen Veranstaltung gelandet waren. Momentan ist Wahlkampf in Cartagena, für was genau kandidiert wird, weiß ich allerdings nicht. Auf jeden Fall ertönte aus mehreren Lautsprechern eine unheimlich laute Musik –die Wahlkampfmusik von CHEPE-, die einen mit singender Stimme aufrief die Nr. 51 zu wählen. Warum haben unsere Politiker eigentlich keine Wahlkampflieder? CHEPE stand dann höchstpersönlich vor einem der Lautsprecher- ich weiß auch nicht wie er das ausgehalten hat- und hat eine kurze Rede gehalten, die ich allerdings nicht verstanden habe. Danach gab es dann 4 Kekse für jeden und etwas zu trinken. Ich fand die ganze Situation und wie das aufgezogen wurde sehr unterhaltsam. Mein Kumpel kennt jetzt ein neues Wort: „Bestechung!“, aber ich glaube die machen das alle hier. Für CHEPE hoffe ich, dass er gewählt wird, dann kann ich wenigstens sagen, dass ich schon eine bekannte Person in Cartagena getroffen habe!

Ich möchte euch auch gerne etwas über die „Llamada(Anruf-)“ Stände erzählen. An so gut wie jeder Ecke und in jeder Tienda (Kiosk) bieten Menschen ihre Handys zum Telefonieren an. Wenn man sich hier nämlich Guthaben auf das Handy lädt, hält das nur 3 Tage lang und verfällt danach. Deshalb macht das niemand. Ich finde die Idee ganz gut, verstehe aber nicht warum das Guthaben so schnell verfällt.

Wenn man von A nach B will, hat man verschiedene Möglichkeiten dort hinzukommen. Es fahren verschiedene Busse, Taxis, Motos und Colectivos. Es gibt aber keine Haltestellen. Man braucht sich einfach nur an die Straße zu stellen und zu warten. Vor Allem die Busse sind so schnell unterwegs, dass sie jedes Mal eine Vollbremsung hinlegen um dich mitzunehmen. Die Motos sind eine Mischung aus Mofa, Moped und Motorrad. Da muss man aufpassen, dass man sich nicht an dem heißen Auspuff an der Seite verbrennt. Eingefleischte Kolumbianer haben am rechten Bein eine Brandnarbe. Ich hoffe, dass mir das erspart bleibt. Wenn man Glück hat, bekommt man einen Helm mit Gurt und Windschutz angeboten und wenn man Pech hat, dann fällt dir der Helm während des Fahrens vom Kopf. Das ist mir glücklicherweise noch nicht passiert- aber ich bin ja auch erst seit knapp 3 Wochen hier. Selbst die Motofahrer ziehen ihre Helme nicht richtig auf. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben. Entweder haben sie noch eine Kappe drunter oder ziehen den Helm wie eine Kappe auf, also so dass das Gesicht komplett frei ist. Das ist eine Kunst für sich.

Montag, 19. September 2011

Nachdem mich aufmerksame Blogleser darauf hingewiesen haben, dass ich schon seit einigen Tagen nichts mehr gepostet habe, erbarme ich mich eurer und erzähle euch was in den letzten Tagen bei mir alles passiert ist und glaubt mir: Es ist viel passiert.



Zu Allererst will ich euch mal meinen Tag beschreiben. Ich stehe spätestens um 7 Uhr auf, wenn ich ins Fitnessstudio gehe- was ich bisher dreimal getan habe- dann schon um 5:10 Uhr. Dann geht es erst einmal den Hof kehren und nass putzen, wobei der Wischmob dreckiger ist als der Boden selbst. Dann zauber ich mir schnell was aus dem Kühlschrank. Jeder isst für sich und muss schauen was er abbekommt. Wir haben zwar einen Standartvorrat, der beschränkt sich aber auf eine Liste am Kühlschrank auf der genau steht was jeder essen darf und ehrlich gesagt kenne ich die meisten Wörter noch nicht bzw. kann mir die Sachen nicht zubereiten, weil ich sie nicht kenne. Deshalb habe ich mir in letzter Zeit mein Frühstück und Abendessen selbst gekauft, was mit der Zeit ganz schön ans Geld geht. Aber an einem Abend habe ich mir sogar selbst etwas gekocht. Jedoch ist kurz davor der Strom ausgefallen und der oberste Hamburger im Dreierpack war verschimmelt. Ich hab dann den untersten gegessen, was ich niemanden empfehlen würde! Aber ich lerne dazu…
Von 8-9 Uhr haben wir dann ein Meeting, in dem wir die Woche besprechen und ein bisschen reden. Danach geht’s ans Arbeiten. Mir wurden jetzt auch meine Aufgaben zugeteilt. Ich bin für die Gastfreundschaft zuständig. Das heißt, wenn hier Leute übernachten, dann mache ich alles schön, hole eine Matratze, überziehe das Bett usw. Und wenn sie wieder gehen, dann muss alles gewaschen und geputzt werden. Sonst bin ich auch für das Bodega zuständig, das ist ein Raum in dem sämtliche Sachen aufbewahrt werden und den soll ich sauber und ordentlich halten. Meine Hauptaufgabe ist jedoch die Dekoration! Darauf wird ganz besonderer Wert gelegt. Freitags haben wir Kinderprogramm und es gibt dazu ein Thema z.B. Freundschaft, Frieden, Geduld oder Freundlichkeit. Aber ich finde die Begriffe so abstrakt, dass ich nicht weiß was ich basteln soll…oder hat vielleicht von euch jemand eine Idee wie man Selbstbeherrschung oder Besonnenheit in Bilder fassen kann!? Mittags kocht dann Senora Esther für uns. Das Essen ist lecker, aber sehr fettig und besteht jeden Tag aus Reis mit Beilage. Von 12-13 Uhr haben wir Mittagspause, bis um 17 Uhr wird dann weitergearbeitet. Also wieder basteln und einmal die Woche gehen wir auch die Kinder in Loma Fresca besuchen. Das ist eine Abwechslung für mich. Abends bin ich meist kaputt vom Tag. Ich hätte niemals gedacht, dass Basteln so anstrengend sein kann. Aber das liegt sicherlich auch an der Hitze und meinen neuen Freunden, die ich -um ehrlich zu sein- gar nicht mag. Die haben es nämlich voll auf meine Beine abgesehen und zerstechen die jeden Tag aufs Neue.

Larissa, die einzige Deutsche, ist gestern nach Hause geflogen und ich war wirklich traurig. Ich hoffe, dass ich jemand anderen finde mit dem ich abends in die Stadt gehen kann, denn die Frauen, mit denen ich wohne, sind schon solange hier, dass sie darauf keine Lust mehr haben und alleine gehen ist zu gefährlich. So kam Letzt Larissa nach Hause und wurde in unserem Stadtteil überfallen und das alles drei Tage vor ihrer Abreise! Zu zweit kamen sie mit dem Moto, einer ist abgesprungen, hat die Tasche geschnappt und dann waren sie auch schon wieder weg. Das passiert öfters hier. Ich bin gespannt wann es bei mir soweit ist.

Vor einigen Tagen gab es direkt vor unserer Tür einen Unfall. Ein Moto und ein Bus sind zusammengefahren. Das Moto lag unter dem Bus und der Fahrer drei Meter davor und hat sich nicht mehr bewegt. Die halbe Nachbarschaft kam und hat sich das „Spektakel“ angeschaut, jedoch standen sie alle nur um den armen Motofahrer herum und haben tatsächlich angefangen zu beten! Das hat mich stark gewundert, aber keiner konnte Erste Hilfe leisten! Doch meine Zimmernachbarin aus England ist ihm dann zur Hilfe geeilt. Meine Leiterin hat den Krankenwagen gerufen, jedoch ging da nur das Band dran. Gut zu wissen was passiert, wenn der Ernstfall eintritt! Doch anscheinend hat jemand das Band abgehört, denn nach einer viertel Stunde kam dann tatsächlich eine Ambulancia und hat den Motofahrer mitgenommen, der echt Glück gehabt hat und sich nur ein Bein gebrochen hat.


Dann war ich von Freitag auf Samstag auf der Insel in Boca Chica. Die Insel liegt direkt vor Cartagena und ist mit dem Motorboot zu erreichen. Die Fahrt dauert ca. 25 Minuten und ist spannend - wenn man hinten sitzt, ist die Chance sehr gering trocken zu bleiben. In Boca Chica gibt es ein Projekt, in dem drei Freiwillige von meiner Organisation für ein Jahr untergebracht sind. Mit den alten Freiwilligen haben wir uns dann am Strand getroffen- mein erster Strandbesuch in der Karibik- und haben uns ausgetauscht über das Jahr, unsere Erwartungen und Ängste. Der Strand ist wunderschön: umgeben von Palmen, blaues Wasser, keine Touristen, alte Gebäude und Einheimische, die ihre Siesta machen. Dort sind wir natürlich auch baden gegangen und das Wasser ist so warm, dass man sich dort eine halbe Stunde lang aufhalten kann. Jedoch hat auch alles seine Schattenseiten. Die Insel ist total verdreckt. Die Menschen leben in verfallenen Hütten und es gibt kein fließend Wasser- auch nicht in der Station. Und ehrlich gesagt ist mir niemals wirklich bewusst gewesen was es heißt kein fließend Wasser zu haben, bis ich dann duschen gegangen bin! Die Tagesration für jeden ist ein Eimer Wasser. Zum Duschen nimmt man sich eine Schale und schüttet sie über sich, wobei ich mich danach immer noch dreckig gefühlt habe. Natürlich gibt es auch keine Klospülung, da nimmt man sich dann eine Schüssel Meerwasser mit aufs Klo und spült runter, wobei davon immer etwas auf dem Boden landet und das irgendwie eklig ist. Zwei von den Freiwilligen sind am Samstag dann auch ins Krankenhaus gekommen. Ich glaube, dass sie wieder draußen sind, aber ich habe leider noch nichts von ihnen gehört. Bitte versteht mich nicht falsch, die Station ist super. Es gibt morgens, mittags und abends Essen, die Betten sind total bequem – auch wenn wir uns zu 9. ein Zimmer geteilt haben- und die Gemeinschaft ist schön. Die Station ist wie eine kleine Oase in dem ganzen Dreck der Insel.  Aber ich bin trotzdem froh, dass ich im Refugio lebe.

Gestern waren Petra und ich eine Frau besuchen, die im 7. Stock eines Hotels wohnt. Die Wohnung mit Meerblick ist der Hammer und ich konnte gar nicht glauben, dass jemand soviel Geld hat um dort zu wohnen. Da sieht man mal wieder wie nah Reichtum und Armut beieinander liegen. Die Frau war so nett und hat uns Kleidung für die Kinder gespendet.

Sonntag, 11. September 2011

Am Freitag hatten wir bei uns im Refugio Kinderprogramm. Das wird jede Woche angeboten und dieses Mal durfte ich zum ersten Mal dabei sein. Ik, eine sehr nette junge Frau in meinem Alter und mit der ich mich wirklich super verstehe, macht hauptsächlich das Programm und ich bewundere wie liebevoll sie mit den Kindern umgeht und was für interessante Ideen sie hat. Es wird getanzt, gesungen, gespielt, Rätsel werden gestellt, Geschichten erzählt und es gibt eine Mahlzeit, die -wie auch bei meinem Mittagessen -meist aus Reis besteht. Seitdem ich gesehen habe wie die Kinder leben, verstehe ich auch warum sie zur Gewalt neigen und man sie auseinander bringen muss, wenn sie sich anfangen zu schubsen. Das kann dann ganz schnell zur Prügelei ausarten. Ich glaube das Problem in den Familien ist die fehlende Erziehung. Mädchen bekommen Kinder, wenn sie selbst noch Kinder sind und wie will man jemand Werte vermitteln, wenn man selbst nicht weiß was richtig und falsch ist!?
Ich war vor einigen Tagen 2 Freiwillige (Anka & Larissa) besuchen, die mit mir in Cartagena sind, aber in einem anderen Projekt arbeiten. Sie wohnen in einer Schule in San Francisco (so heißt der Stadtteil) und unterrichten Kinder. In Kolumbien müssen sogar schon Kinder im Alter von 4 Jahren lesen und schreiben können und z.B. die Namen der Knöchelchen im Ohr wissen! Darüber schreiben sie dann Examen und das nennt sich Kindergarten! Die Schule ist sehr arm. Larissa und ich durften beim Abendessen mitessen, es gab Spaghetti und ich wollte gerne die Nudeln mit einem Löffel und einer Gabel essen. Anka hat mich ganz entgeistert angeschaut und gemeint: „Wir haben nicht soviel Besteck. Für jeden gibt es entweder eine Gabel oder einen Löffel, sonst reicht das nicht für alle!“ (Wir waren ca. 11 Leute) Aber sie meinte, dass man sich daran schnell gewöhnt, genauso wie an die laute Musik, die bis um halb 4 nachts läuft oder daran, dass es bei Unwetter ins Zimmer regnet und sie sich zwei Toiletten und eine Dusche zu neunt teilen müssen. Da habe ich es im Gegensatz zu denen ja richtig gut.

Momentan sind drei Freiwilligen von der Insel aus Boca Chica mich besuchen und als sie gesehen haben wo und wie ich hier wohne, meinten sie das wäre das reinste Paradies! Ich will wirklich mal auf die Insel gehen und sehen wie die dort leben. Sie haben dort kein fließend Wasser, duschen mit einem Eimer und nehmen das Klowasser mit aufs Klo. Internet teilen sie sich zu elft mit nem Stick und die Wäsche waschen sie von Hand. Da kann ich verstehen, dass sie im Moment den „Inselkoller“ haben.

Am Donnerstag hatten wir Spanischunterricht mit einer Führung durch den Supermarkt. Ich hatte mich danach mit den Leuten aus meinem Projekt verabredet, mit ihnen wollte ich nach Hause fahren. Doch wir haben uns verpasst und da stand ich nun alleine in einem anderen Stadtteil mit 200.000 Pesos in der Tasche, es war bereits am Dunkelwerden und alles was ich hatte war eine mündliche Beschreibung des Weges. Ich muss schon sagen, das war spannend und mir war etwas mulmig zumute als ich dann ins Colectivo gestiegen bin-das ist ein Sheep, der hinten lockere Rückbänke hat und einen mitnimmt, wenn man auf der Straße steht und winkt. Einen Tag zuvor sind wir nämlich schon mal mit so einem Colectivo gefahren und als ich ein Foto aus dem Wagen machen wollte, hat mich eine Kolumbianerin vor Gangstern gewarnt! Dieses Mal habe die die Kamera in der Tasche gelassen und bin letztendlich unbeschadet und verschwitzt zu Hause angekommen.

Was auch noch erwähnenswert ist, ist die Abschiedsparty von 3 Freiwilligen, die uns leider bald verlassen werden. Das war bisher einer meiner schönsten Abende. Wir haben getanzt -aber nicht einfach nur so- sondern Salsa  zu spanischer Musik. Es war total heiß und uns ist die Brühe gelaufen, aber das war in dem Moment egal. Ich finde es unglaublich was die Latinos für ein Rhythmusgefühl haben und wie die sich bewegen können. Ein klein bisschen hat mich das an „Dirty Dancing 2“ erinnert. Ich hoffe, dass wir das öfters machen!

Donnerstag, 8. September 2011

Vor 2 Tagen  waren wir in „Loma Fresca“, das ist das Viertel in dem die Kinder wohnen, die zu uns ins „El Refugio“ kommen. Diese Armensiedlung liegt auf einem Berg, von dem man einen wunderschönen Blick über die Stadt und das Meer hat. Dort haben wir zwei Familien besucht und mit ihnen ein Interview über die Familien- und Wohnverhältnisse durchgeführt. Dies machen wir um die Familien und Kinder besser kennenzulernen, aber die Familien sollen uns dadurch ebenso besser kennenlernen. Und ich denke, das Konzept ist erfolgreich. Schon als wir dort den Berg hochgestiegen sind- Treppen gibt es nur bedingt- sind uns Kinder und Erwachsene entgegengekommen und haben uns begrüßt. Es ist schön zu wissen, dass die Arbeit des Refugios dort angesehen und respektiert wird. Ich versuche mal das Armenviertel zu beschreiben: Es gibt mehrere Straßen, die jedoch nicht aus Teer bestehen, sondern einfach nur aus Fels, sandigem Boden und Müll. Die Menschen werfen ihre Abfälle aus der Haustüre direkt auf die Straße. Die Müllabfuhr kommt im Moment auch nicht mehr! Da dort andere Prioritäten herrschen, kauft man sich lieber einen Fernseher als eine Toilette. Es gibt viele Kinder, die barfüßig herumspringen und mit sich selbst, streunenden Hunden oder einer Plastiktüte spielen. Trotzdem ist die Atmosphäre nicht gedrückt! In der ganzen Armut gibt es nämlich auch schöne Dinge. Zum einen die Gastfreundschaft. Zwar sind die Stühle auf denen wir saßen fast zusammengebrochen, aber die Menschen waren froh, dass wir sie besuchen kamen. In einem Haus kam dann ein Papagei – man hat mir später gesagt, dass es keiner war, sondern eine andere Art, aber für mich war das ein Papagei- auf einer unverputzten Mauer entlangspaziert und hat sich geputzt. Auch die kleine Babykatze, die auf einen rosablühenden, krakeligen Bäumchen saß, fand ich niedlich und dann natürlich die Kinder, die einen so unschuldig anlächeln, als ob die Welt noch in Ordnung wäre. Wir werden dort jetzt jede Woche hingehen und ich bin gespannt was ich noch so alles erlebe. Auf jeden Fall habe ich schon mal gelernt, dass ich meine NIKE Schuhe dort lieber nicht mehr anziehen sollte!

Dann muss ich euch noch was erzählen: Ich gehe ab morgen ins Fitnessstudio! Da ich sonst keine andere Möglichkeit habe Sport zu machen, habe ich mich mal schlau gemacht und tatsächlich eines gefunden. Wir waren dort auch schon zum Anschauen und ich musste mich wirklich zusammenreißen um nicht zu lachen, da die mich zum einen sowieso als Weiße und Blonde anschauen, als ob ich von einem anderen Planeten kommen würde und zum anderen weil das einfach total unhöflich wäre. Naja…das Studio ist ein heruntergekommenes Haus mit vielen Geräten, die man in Deutschland auf dem Antikmarkt verkaufen könnte. Aber ich finde das hat irgendwie was und wann kommt man schon mal für 1000pesos (ca. 50 Cent) ins Fitnessstudio? Hoffentlich kann ich demnächst mal ein Bild machen, sonst würde mir das keiner glauben!

Montag, 5. September 2011

So ich habe mich schon ein bisschen hier eingelebt. Die nächsten Tage wird es dann vorbei sein mit der Freizeit, aber dafür bin ich ja auch nicht hergekommen. Larissa, eine Freiwillige aus Deutschland, die wie ich für ein Jahr hier ist und in 2 Wochen wieder geht, zeigt und erklärt mir hier so einiges. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar! Wir waren z.B. schon zweimal in der Innenstadt von Cartagena. Um dort hinzukommen kann man entweder laufen oder den Sammelbus nehmen. Der kommt alle paar Minuten um die Ecke und nimmt einen für wenig Geld mit. Über den Fahrstil will ich jetzt mal nicht urteilen – ich würde glaub auch nicht besser fahren bei den Straßen, dem Verkehr und den nichtvorhandenen Straßenregeln…aber was man wirklich sagen muss: Bei Rot halten sie an!
Das erste Mal waren wir also abends in der Stadt- ihr müsst wissen, es wird schon gegen 18 Uhr dunkel und die Sonne geht um 5:30 Uhr auf- da muss ich mich auch erst noch dran gewöhnen- nun gut zurück zum Thema. Cartagena ist wirklich schön. An jeder Ecke stehen Straßenverkäufer und bieten kalte Getränke, Früchte oder ihre Handys an, mit denen man dann telefonieren kann. Die machen das, weil die Leute einfach kein Geld auf ihren Handys haben. Das ist ne echte Marktlücke in Deutschland, meint ihr nicht auch? J Wir sind auf der Stadtmauer entlanggelaufen (direkt am Meer), haben uns die beleuchtete Stadt angeschaut mit den tausend Lichtern und uns später in eine Bar gesetzt und was getrunken. Das zweite Mal sind wir dann zu Fuß in die Stadt gelaufen, ich habe den ersten Esel gesehen und ein Taxifahrer hat extra angehalten um einer von uns zu sagen – so ganz war nicht klar wer gemeint war- dass sie ein schönes Gesicht hat! Das Temperament ist eben ganz anders als in Deutschland. In einem Kiosk hab ich mir dann eine Cola gekauft, die füllen das Getränk in einen hauchdünnen Plastikbeutel und stecken einen Strohhalm rein. Das ist eine wackelige Angelegenheit und wenn man daran nicht gewohnt ist, können unschöne Dinge passieren. Als wir auf der JUCUM Base- viel zu spät- angekommen sind, waren nur noch in der ersten Reihe Plätze frei und da ist mir dann die Cola irgendwie über den Adapter der Gitarrenspielerin gespritzt- die hat mich vielleicht komisch angeschaut- zum Glück gab es keinen Kurzschluss J

Heute wollten wir eigentlich die Kinder aus unserer Station besuchen gehen, aber hier gibt es ab und zu heftige Gewitter und dann gleicht die Straße einem Fluss und alles ist matschig. Also werden wir das auf morgen verlegen.

Samstag, 3. September 2011


Hallo alle zusammen,

ich bin gestern Abend in Cartagena gelandet und ich muss sagen: Es ist echt heiß – auch nachts 30°! Zum Glück gibt es eine Dusche, die ich mehrmals täglich jetzt benutze! Ich hab viel zu erzählen. Am besten fange ich erstmal mit dem Flug an: An sich war das nichts Spektakuläres: Frankfurt- Madrid-Bogota-Cartagena. Um 7:40 Uhr losgeflogen und um 3:55 Uhr mit Zwischenaufenthalten gelandet (bzw. da wir eine Zeitumstellung von 7 Stunden haben sind wir dort um 21:55 Uhr gelandet). Ich hatte ja Bedenken wegen meinem Gepäck, ob das von der Größe und mit dem Gewicht passt, aber das ging alles klar- nur mein Wecker musste einer Extrakontrolle unterzogen werden - wer weiß was manche Menschen so alles in ihren Weckern schmuggeln!? In Madrid haben wir die anderen drei Freiwilligen getroffen, sodass wir zu 6. weitergeflogen sind nach Bogota. Dort hatten wir kaum Aufenthalt und mussten unsere Koffer noch suchen gehen, so haben wir viel zu spät eingecheckt und die Frau meinte dann ganz trocken: „Eure Koffer können jetzt aber nicht mehr mit!“ Zum Glück gibt es an dem Flughafen auch Männer, die ein Herz für junge deutsche Frauen haben ;-) Einer hat einen Bus für das Gepäck organisiert, sodass alle– außer einer-  in Cartagena angekommen sind.

Dort wurde ich dann abgeholt von drei Frauen aus meinem Projekt bzw. wir haben uns ein Taxi genommen und es stimmt was sooft gesagt wird: Keiner hält sich an die Straßenregeln, noch nicht einmal rechts vor links gilt! Die Fahrt war auf jeden Fall spannend- das wird es jetzt öfters geben.

Die Station ist wirklich schön und durch den Neuanbau sieht das eher nach einem Ferienappartment aus, als nach den typischen kolumbianischen Häusern mit den bröckeligen Fassaden. Wir haben sogar einen Mangobaum, der vor meinem Fenster steht und direkt neben unserem Haus gibt es eine Autowerkstatt. Ich teile mir ein Zimmer mit Petra, sie kommt aus England und ist schon ein bisschen länger hier. Sonst wohnen hier noch drei weitere Frauen, aber zwei davon verlassen uns bald wieder. Also sind wir sozusagen eine FrauenWG und Putzen wird hier sehr groß geschrieben – was ich aber nach dem dicken Käfer von heute Morgen auch verstehen kann! Die Nacht war für mich sehr kurz, ich muss mich erst noch an die Ventilatoren, die Hitze und die ungewohnten Geräusche gewöhnen.

Heute Vormittag waren Larissa und ich einkaufen und es ist komisch, wenn die kolumbianischen Männer einen anschauen, hinterherpfeifen oder irgendwelche Kommentare ablassen, die man nicht versteht! Ich werde mich wohl dran gewöhnen müssen. Auf dem Flughafen gab es auch so eine Situation als wir auf die Koffer gewartet haben, standen wir direkt neben der kolumbianischen Olympiamannschaft in Taekwondo, die saßen mit uns zufällig im gleichen Flugzeug. Mit dem einen kam ich ins Gespräch und der wollte schon nach 5 Minuten meine Emailadresse haben. Ich hab ihn gefragt weshalb, aber darauf wusste er keine Antwort, also hab ich es gelassen! So schnell geht’s…aber keine Angst: Ich habe nicht vor mit einen nach Hause zu nehmen!

So nachher kommen noch ein paar Kids und ich muss noch die Wäsche aufhängen. Aber ich lass bald wieder was von mir hören…und wofür ich mich bei euch ganz herzlich bedanken wollte, sind die lieben Worte, Geschenke, Besuche, Anrufe und Briefe. Das bedeutet mir wirklich viel und es ist schön zu wissen, dass ihr auch an mich denkt!