Die Zeit rennt und ich kann nicht glauben, dass ich schon ganze zwei Monate hier bin! Nun wird es mal wieder Zeit, dass ich euch mitteile was ich die letzten Wochen erlebt habe.
Zu meiner Freude durfte ich eine Klospülung reparieren. Glücklicherweise sind die Toiletten nicht wirklich kompliziert gebaut J
Zurzeit haben wir Regenzeit. Vielen Menschen in Kolumbien geht es deshalb richtig dreckig. Überschwemmte Häuser, die Straßen gleichen Flüssen und teilweise gab es tagelang keinen Strom und kein fließend Wasser. Unsere Köchin lebt in einem sehr armen Stadtteil, ihre Wohnung stand bis zu den Knien unter Wasser und ein Fisch schwamm sogar in ihrem Zimmer herum! Wir sind vergleichsweise ganz gut davongekommen: 2 Tage lang kein Wasser, jedoch mit Unterbrechung, sodass ich das Glück hatte, morgens wieder duschen zu können (nach einem abendlichen Strandbesuch und einer Nacht in einem Bett voller Sand)! Kurz nach dem Wasserausfall hat sich dann der Strom verabschiedet. Mitten in der Nacht sind zwei Generatoren der Stromversorgung mit einem superlauten Knall explodiert. Aber anscheinend kommt das hier öfters vor, sodass das Problem am Nachmittag wieder behoben war. Im Moment funktioniert wieder alles! Den zwei Freiwilligen im Colegio ging es da um einiges schlechter: Die mussten mit Regenwasser abspülen und kochen!
Wir hatten Letzt einen Feiertag und diesen Tag habe ich genutzt die Umgebung besser kennenzulernen. Mit meiner Zimmerkollegin bin ich zu einem Schlammvulkan gefahren. Schon allein die Hinfahrt war ein kleines Abenteuer. Zuerst mit einem Taxi zum Terminal, von dort aus mit einem alten Bus (der kurz zuvor noch repariert wurde) in irgendein Dorf und dort haben wir uns dann Motos genommen und mit denen sind wir durch den Busch Kolumbiens gefahren auf vermatschten Straßen und unpassierbaren Wegen. Aber wir kamen tatsächlich an: Ein Vulkan oder besser gesagt ein Schlammbecken mit Menschen, die bis zur Unkenntlichkeit mit Matsch bedeckt waren. Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen und bin auch hereinreingestiegen. Ein Gefühl von Schwerelosigkeit! Es gibt keinen Boden und man kann sich kaum bewegen. Der Schlamm soll gut für die Haut sein, manche Menschen fahren dort extra hin um sich den Matsch in gebrauchten Plastikflaschen zu kaufen. Nach dem Matschabenteuer muss man den Vulkan wieder heruntersteigen (die Treppen sind wirklich sehr glitschig) und zu einem Fluss laufen. Das kostet Anstrengung und ich konnte gar nichts dagegen unternehmen als mich plötzlich eine Frau mit sich in den Fluss gezerrt hat und mich gewaschen hat! Die hatte mich noch nicht einmal gefragt, da steckte sie mir schon ihre Finger in die Ohren und zog mein Oberteil aus! Dass mir das unangenehm war, brauche ich glaub nicht zu sagen. Durch solche Grobheiten verdient sie ihr Geld, soll ihr gegönnt sein!
Dann waren wir vor ein paar Tagen in einem indischen Restaurant oder besser gesagt in einem Hinterhof, der wunderschön indisch geschmückt war, in dem wir aber die einzigen Gäste waren. Dort wollten wir einen Geburtstag feiern, doch die anderen ließen ca. 2 Stunden auf sich warten und so kam es, dass ich dringend eine Toilette benötigte. Also bin ich an die Theke und meinte auf Spanisch: „Tengo un pregunta…“ Ein Mann verbesserte mich: „Tengo una pregunta!“ (Ich habe eine Frage!) Er merkte sofort, dass ich keine Kolumbianerin war und fragte mich woher ich denn kommen würde. „Aus Deutschland!“ Er: „Dann können wir ja auch auf Deutsch reden!“ Es stellte sich heraus, dass er aus Aschaffenburg kommt (das liegt ca. 15 km von meinem Heimatort entfernt) und der Gitarrist von „People“ (ich kenne die Band ehrlich gesagt nicht) und ein Freund von den „Skorpions“ ist, mit denen er auch schon öfters auf Tour war! Momentan macht er in Cartagena Urlaub, wird aber bald mit einer bekannten kolumbianischen Band in Bogota touren. Er hat uns sogar seine selbstdesignte Gitarre gezeigt und uns einen Einblick in sein aufregendes Leben gegeben. Wir haben ihm dann wiederum erklärt was „weltwärts“ ist und was wir hier machen. So ein bisschen selbst von sich überzeugt war der Mann ja schon, wenn er so nebenbei von seinen Erste-Klasse-Flügen erzählte. Ich musste währenddessen an das viele Essen denken, das ich mir von dem Geld kaufen würde. Später hab ich ihn dann mal gegoogelt -vielleicht hat er ein bisschen übertrieben- aber im Großen und Ganzen hat das gestimmt was er uns erzählt hat. Wann trifft man schon mal ganz zufällig so jemanden in einem indischem Restaurant in Kolumbien?
Was ich so gut wie jeden zweiten Morgen beim Putzen beobachte und bei uns in Deutschland ein Fall für die Gesundheitsbehörde wäre: Da läuft ein Mann durch unsere Straße mit einer großen Metallschüssel auf dem Kopf, in der roher Fisch gestapelt ist (da frage ich mich schon mal wie er das überhaupt tragen kann) und schreit: „Pescado!“ (Fisch), damit auch jeder weiß, dass er Fische anbietet. Ab und zu hat er Glück und unsere Nachbarin kommt heraus und kauft doch tatsächlich einen von diesen Fischen, die schon den ganzen Morgen roh in der heißen Sonne schmorren. Dann nimmt er ein Stück Zeitung oder Pappe, breitet dies auf dem dreckig verstaubten Bürgersteig aus und schneidet dort seinen Fisch zurecht. Manchmal fährt währenddessen noch ein Bus oder ein Auto vorbei, sodass noch mehr Staub aufgewirbelt wird. Meiner Nachbarin wünsche ich: Guten Appetit! Aber ich hoffe, dass sie es ihren Hunden zu essen gibt, die bellen nämlich so gut wie jede Nacht. Da gab es schon mächtig Ärger. Vor allem meine Zimmernachbarin kann bei dem Hundegebell nicht schlafen. Es kam sogar schon so weit, dass sie Mitten in der Nacht unsere Nachbarin zweimal aus dem Bett geklingelt hat. Die fand das gar nicht lustig und hat dann wiederum meine Leiterin aus dem Bett geklingelt um ihr zu sagen, dass sie aus dem Bett geklingelt wurde! Da noch eine andere Frau mit meiner Leiterin im Zimmer schläft, ist sie natürlich auch aufgewacht. Ich dagegen habe das Ganze nur im Halbschlaf mitbekommen. Aber das ist bei uns momentan wirklich ein großes Problem. Wir haben uns schon die kuriosesten Geschichten ausgedacht, wie man die Hunde ruhig stellen könnte. Zum Beispiel haben wir auf der anderen Seite eine Autowerkstatt angrenzend. Vor einigen Tagen kam aus der Richtung Marihuana Geruch zu uns herübergezogen. (Ich persönlich habe es noch nicht einmal gerochen, da ich nicht weiß wie so etwas riecht.) Als wir dann geschaut haben, saß dort aber nur der Security Mann. Wir hoffen inständig, dass er es nicht ist dem dieser Geruch zuzuschreiben ist, denn er bewacht ja sozusagen die Autowerkstatt und wenn er nicht mehr dazu im Stande ist, dann könnten irgendwelche bösen Menschen über das Dach zu uns herüber klettern. Aber ich kann mir das nicht vorstellen, dass er so etwas machen würde. Das kam sicherlich von dem dahinterliegendem Viertel, dort sollten die Hunde ab und zu mal hingeschickt werden!
Dann habe ich noch eine interessante Begegnung mit einer dicken Kakerlake in unserer Küche gemacht. Ich wollte gerade ins Bett gehen und da saß sie auf der Küchenplatte. Ich habe erst einmal herumgeschrien -an den Anblick habe ich mich noch nicht gewöhnt- und dann versucht sie mit einem Besen herunterzukehren, damit ich sie anschließend tot hauen kann. Aber sie hat sich unter dem Mixer versteckt und dann ist sie in der Wand verschwunden! Diese Viecher sind aber auch schnell. Ich hoffe, dass wir in dem Loch in der Wand kein Kakerlaken Nest haben!
Und zu guter Letzt noch etwas zu meinem Fuß: Ich war mit meiner Mentorin, die mir auf Deutsch übersetzt hat, noch einmal bei der Ärztin und diese meinte, dass diese „Kugel“ in meinem Fuß wohl mehr aus Knochen als aus Calcium besteht. Diesen Knochensplitter habe ich aber anscheinend schon länger und der wurde nur zufällig beim Röntgen entdeckt. Der Sturz und der Splitter sind also zwei unterschiedliche Dinge. Und da die Schwellung (vom Sturz) abgeheilt ist und ich nur noch den Splitter habe, ist es in nächster Zeit (also in Kolumbien) nicht nötig zu operieren (es seitdem es würde sich plötzlich verschlechtern). Ich kann ganz normal gehen und wenn ich springen und rennen vermeide, wird wohl alles gut gehen! Für mich steht diese Sache auch nicht mehr im Vordergrund und ich denke auch kaum mehr daran. Mir geht’s gut und wer weiß was ich aus dieser Sache alles lerne!?