Donnerstag, 17. November 2011

Von der politischen Lage, Schimmel, Tayrona Park und einem leckeren Bonbon

Ich merke gar nicht wie die Zeit vergeht! Bald haben wir schon wieder Weihnachten. Da es so warm ist, kommt bei mir gar keine Weihnachtsstimmung auf, obwohl es massenweise Weihnachtsdekoration zu kaufen gibt und in vielen Häusern schon die Lichterketten brennen. Über Weihnachten und Silvester habe ich Urlaub und mit Anka und Larissa (2 deutschen Freiwilligen) habe ich diese drei Wochen bereits verplant. Wir wollen mit dem Bus nach Bogota reisen, auf dem Weg dorthin die Kaffeezone besuchen, uns die Hauptstadt anschauen und am 1. Januar dann in den Amazonas fliegen. Wir haben schon unsere Flüge gebucht und eigentlich hört sich das auch alles schön und gut an, doch vor 2 Wochen wurde Alfonso Cano, der Anführer der kolumbianischen FARC-Guerilla, getötet! Und einige Leiter sind der Meinung, dass es besser wäre nicht groß durchs Land zu reisen, weil es Vergeltungsanschläge geben könnte! Ich persönlich merke (hier in Cartagena) keine Veränderungen aufgrund der politischen Situation! Momentan ist das alles ein Hin und Her und wie es aussieht brauchen wir nun eine schriftliche Bescheinigung vom deutschen Konsulat in Bogota, dass sie für uns die volle Verantwortung übernehmen. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass es so eine Bescheinigung gibt! Uns bleibt ein Monat Zeit um zu hoffen, dass sich noch irgendetwas ändert! Wie ihr euch vorstellen könnt, habe ich  nämlich wirklich keine Lust Weihnachten und  Silvester alleine in Cartagena zu verbringen, wenn es so eine schöne Alternative gibt!

Dann will ich euch von einer Begegnung erzählen mit einem „unerwünschten Besucher“: dem Schimmel! Mir ist schon vor ein paar Wochen aufgefallen, dass meine Kappe angeschimmelt war. Ich habe mir dabei nicht viel gedacht, aber als ich dann Letzt den Schrank aufgeräumt habe, kam ich aus dem „Staunen“ (im negativen Sinne) nicht mehr heraus: Der Schrank und die Hälfte meiner Kleidung waren angeschimmelt! Überall weiße Schimmelflecken! Also dachte ich mir, dass ich die Sachen saubermache und nicht wieder zurück in den angeschimmelten Schrank lege, sondern stattdessen in meinen Koffer packe. Doch als ich dann meinen Koffer öffnete (aus dem ein noch üblerer Gestank strömte), wurde mir klar, dass der Schimmel auch nicht vor deutschen Koffern Halt macht! Ich will euch jetzt nicht den Appetit verderben, aber im Koffer war der Schimmel sogar grün! Ich war von dem Ganzen nicht gerade begeistert, habe mir ein Tuch vor die Nase und das Gesicht gebunden (weil es wirklich nicht gut gerochen hat) und meinen freien Samstagvormittag dazu genutzt ganze drei Stunden lang Wasser über unseren Gasherd heiß zu machen (unsere Waschmaschine wäscht nämlich nur kalt), die Sachen darin abzukochen, zu schrubben und anschließend in die Sonne zu hängen. Meine Leiterin hat mir ein Mittel gegeben, das ich mit ins Wasser gemischt habe. Leider habe ich zu spät gemerkt, dass darin Chlor enthalten war und Chlor bleicht ja bekanntlich Farben aus! Aber was soll man machen? Der Schimmel kann ja nichts dafür, dass er existiert und sich unnötig darüber aufregen, bringt einen auch nicht weiter. Immerhin habe ich die Hoffnung, dass sich das in 2 Monaten ändert, denn dann ist die Regenzeit vorbei und die hohe Luftfeuchtigkeit wird zurückgehen und mit ihr der Schimmel!

Dann hatte ich 5 Tage Urlaub, weil Cartagena 200 Jahre der Unabhängigkeit gefeiert hat und wenn Kolumbianer feiern, dann feiern die richtig! In manchen Stadtvierteln ist es sogar so schlimm, dass man nicht mehr auf die Straße gehen kann: Matsch- bzw. Farbbomben werden geworfen, ganze Menschenmassen verschwinden im Schaum, den es überall in Sprühdosen zu kaufen gibt und Seile werden gespannt um die Autos aufzuhalten und Geld zu verlangen. Das kann richtig gefährlich werden, besonders wenn  Alkohol im Spiel ist. Ich habe einen Mann gesehen, der eine Platzwunde am Kopf hatte. Aber es gibt auch schöne Seiten der Fiestas: die Wahl der „Miss Cartagena“, Livemusik von den hier bekannten Künstlern usw. Doch das alles habe ich nur vereinzelt über Fernsehen mitbekommen, denn ich war währenddessen in Santa Marta und im Tayrona Park. In Santa Marta durften wir bei einer Freundin von meiner Zimmerkollegin übernachten. Das war richtig nett von ihr, dass sie uns so spontan ein Zimmer zur Verfügung gestellt hat. Was ich hierbei erwähnen muss: Die Hinfahrt war in einem Kleinbus (ca. 20 Personen) mit Klimaanlage, 4 Stunden Fahrt mit etlichen  Kinder und nichts anderes als ein grausamer Horrorthriller („HISSS“) wird in den DVD Player gelegt!  Ich habe versucht aus dem Fenster zu schauen und die schöne Landschaft zu genießen, aber mit den Geräuschen eines Horrorthrillers im Hintergrund geht das nicht so gut! Wir sind dann am nächsten Tag in Santa Marta  an den schönen, aber überfüllten Strand von „Rodadero“ gegangen und haben uns einen kleinen Teil der Stadt angeschaut, die von Bergen umgeben ist. Die Tage darauf waren wir im Tayrona Park, einem Naturpark an der Küste. Ich habe bisher noch keinen so wundervollen Ort gesehen, für mich das Paradies: weiße Sandstrände, goldfunkelnder Sand, dichter Urwald, massenweise Palmen, Kokosnüsse, das Gefühl von Weite und Freiheit! Mit Worten ist das nicht zu beschreiben, am besten seht ihr euch die Bilder an. Mit einem Wanderrucksack auf den Schultern, sind wir ca. 3 Stunden durch den Dschungel gelaufen, es war sehr schwül und als wir an unserem Übernachtungsort, einem Campingplatz angekommen sind, war die Kleidung komplett nassgeschwitzt. Den Tag über haben wir  am Strand verbracht: zwei Buchten und in der Mitte eine kleine Minihalbinsel, auf der man in Hängematten übernachten konnte. Leider waren die schon alle belegt und so haben wir in einem Hängemattenmassenlager auf dem Campingplatz geschlafen. Ich habe die Hängematten gezählt: 44 Stück, glücklicherweise waren nicht alle belegt - der eine „Schnarcher“ hat mir schon gereicht! Dort ist mein Gefühl von Privatsphäre endgültig vernichtet worden: Hängematte an Hängematte, diese haben zwar ein Netz gegen Moskitos, aber trotzdem kann dich jeder sehen und als ich dann duschen gegangen bin, waren das 4 offene „Duschen“ für den kompletten Campingplatz ohne Vorhang und ohne Geschlechtertrennung und der provisorische morsche Zaun davor, hatte nur noch wenige Holzlatten. Also hatte man beim Duschen die Wahl, ob man seinem Nachbarn oder den Pferden beim Fressen zusehen mochte. Aber dafür, dass es Mitten im Urwald war, darf man sich nicht beschweren! Am nächsten Tag haben wir uns wieder an den Strand gelegt und einfach nur die Zeit genossen. Den Rückweg sind wir zur Hälfte zu Fuß und die andere Hälfte sind wir auf Pferden zurückgeritten. Ich glaube, dass mein Pferd eine Selbstbewusstseinsstörung hat, es wollte immer als Erster laufen, aber es hat ständig angehalten und gefressen, was auch kein Wunder ist, denn die Pferde sind ziemlich abgemagert. Doch wenn ein anderes Pferd es überholt hat, ist es losgerannt um wieder Erster zu sein. Durch den Dschungel zu reiten, ist eher ein Abenteuer ins Ungewisse als das es großen Spaß macht. Vor allem weil ich auch keine Erfahrungen mit Reiten habe! Die felsigen, schmalen, steilen Pfade waren teilweise so sehr vermatscht vom nächtlichen Regen, dass die Pferde darin richtig eingesunken sind. Und auf einer Strecke, die einer Felsspalte ähnelte, sind uns dann Einheimische auf Pferden entgegengekommen, die wiederum Herden von Pferden durch den Dschungel getrieben haben. Da bekam ich schon ein bisschen Angst als die mir entgegengerannt kamen und ich war froh, dass mein Pferd ruhig geblieben ist! Den Tayrona Park kann ich nur weiterempfehlen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, je nach Kolumbien zu kommen, dann besucht diesen Naturpark!

Ihr wundert euch vielleicht, dass ich so wenig über meine Arbeit schreibe! Aber es gibt nicht viel Neues was ich euch darüber erzählen könnte. Die Dekoration ist weiterhin meine Hauptaufgabe und es macht mir mittlerweile Spaß. Spaß ist ja auch immer eine Einstellunssache! Ich bastle mittlerweile sogar schon die Deko für das nächste Jahr. Mein Spanisch ist auch schon viel besser geworden und so werden wir nach und nach andere Aufgaben übertragen. Gestern waren wir wieder die Kinder im Armenviertel besuchen. Da gab es eine Situation, da dachte ich mir: „Das ist der Inbegriff vom Teilen und man haben die Kinder viele Abwehrkräfte!“ Ein kleiner Junge packte ein Bonbon aus, auf dem Boden im Dreck saß ein kleiner Babyhund, der Junge ließ zuerst den Hund an seinem Bonbon lecken, bevor er es sich selbst in den Mund steckte! Wahrscheinlich hat der Hund Würmer, der ernährt sich ja auch nur von dem Dreck der Straße. Ich fand das zwar irgendwie süß von dem Jungen, aber auch echt eklig! Am Sonntag machen wir in dieser Straße eine große Müllsammelaktion. Bei dem ganzen Dreck ist das auch wirklich nötig! Ich hoffe, dass ich dann ein paar Bilder machen kann.