Auch eine weite Reise neigt sich einmal dem Ende zu und so
muss ich euch mit einem lachendem und einem weinendem Auge mitteilen, dass ich
vor knapp 2 Wochen in meinem schönen zuhause in Deutschland angekommen bin und mich
seitdem versuche wieder einzuleben. Geschichten über Mangos, Kokosnüssen,
Schildkröten, die Wüste und kuriose Spezialitäten werden wohl jetzt eher zur Ausnahme
gehören und es wäre ja langweilig über meinen deutschen Alltag zu berichten. So
will ich es hierbei belassen und somit wird dies wohl mein letzter Blogeintrag werden! (Ja
ich finde es auch sehr traurig…)
Ich möchte
mich ganz herzlich bei EUCH bedanken. Ohne euch wäre dieser Blog nicht zustande gekommen! Danke, dass ihr mich
durch dieses besondere Jahr begleitet habt und an meinen Erlebnissen Teil hattet. Was
mich sehr erstaunte, war das rege Interesse meiner Leserschaft: über 4100
Besucher waren während des Jahres auf meiner Seite J (so viele Leute kenne ich gar nicht…hehe)
Um an Ende noch einen Draufzusetzen, gibt es hier noch meinen Abschlussbericht:
Abschlussbericht von
Julia
September 2011 –
August 2012
Dieser Bericht ist eine kurze
Zusammenfassung über meine Zeit in dem Projekt „El Refugio“ (dt. die Zuflucht),
das sich in Cartagena, einer an der Karibikküste gelegenen Großstadt im Norden
Kolumbiens befindet. Ich erzähle von meiner Arbeit in dem Projekt und meinen
Erlebnissen mit Land und Leuten. Ich hoffe, dass sich dadurch Interessierte
einen Eindruck verschaffen können, was ich in diesem Jahr erlebt habe.
Projektbeschreibung "El Refugio"
Ein wichtiger Bestandteil des
Refugios sind die von montags bis mittwochs stattfindenden Kleingruppen. Dort
werden um die 15 Kinder mit Schwierigkeiten in der Schule von einer Lehrerein
unterrichtet. Außerdem gibt es eine Bibliothek, in die die Kinder kommen
können, um ihre Hausaufgaben zu erledigen, selbstständig zu lernen oder einfach
nur in den Büchern zu stöbern.
Neben der Arbeit mit den Kindern
gibt es auch Angebote für die Eltern. Alle 14 Tage gibt es einen Elternabend,
zu dem alle Eltern, deren Kinder das Refugio besuchen eingeladen sind.
Grundlegend sind diese Elternabende darauf ausgerichtet, die Eltern in der
Erziehung ihrer Kinder zu unterrichten.
Zusätzlich zu diesen festen
Bestandteilen gibt es auch immer wieder aus der Reihe fallende Aktivitäten, wie
beispielsweise Müllsäuberungsaktionen im Stadtviertel, Familientage,
Gesundheitstage, an dem die Menschen kostenlosen Zugang zu medizinischer
Versorgung bekommen, Läuseentfernungstage, Kindersaubermachtage, an denen den
Kindern Hände, Füße und das Gesicht gewaschen werden, Ausflüge und ein
besonderes Ferienprogramm, wie die „Kreativen Ferien“, in denen die Kinder an
Mal-, Theater-, Tanzkursen usw. teilnehmen können.
Zudem werden zweimal in der Woche
Familienbesuche unternommen, um sicherzustellen, dass es den Familien der
Kinder gut geht, etwaige Mängel festzustellen und ggf. Lösungen zu suchen. Ziel
dabei ist es, jede Familie mindestens viermal jährlich zu besuchen.
Außerdem versucht das Projekt bei
individuellen, meist finanziellen Problemen zu helfen, wenn zum Beispiel einer
Familie das Geld für die Schuluniform fehlt, Reparaturen am Haus anfallen oder
in finanziell sehr schwachen Familien Geld benötigt wird, um Lebensmittel zu
kaufen.
Meine Arbeit im „Refugio“
Von Anfang an wurden mir drei
Aufgabenbereiche zugeteilt, für die ich bis zum Ende meines Dienstes zuständig
war.
1. Gastfreundschaft: Wenn
wir Gäste hatten, die über Nacht blieben, habe ich das Gästezimmer
hergerichtet. Konkret bedeutete dies: kehren, putzen, Staub wischen, eine
Matratze bereitlegen, diese mit frischer Bettwäsche beziehen und das Zimmer
schön und ordentlich herrichten. Und wenn unsere Besucher wieder gingen, dann
musste alles wieder abgezogen, gewaschen und geputzt werden.
2. Lagerraum: In diesem
Raum werden sämtliche Materialien aufbewahrt, wie Verkleidung, Anziehsachen,
Arbeitsgeräte, Spiele, Geschenke und vor allem Dinge, die freitags für das Kinderprogramm
benötigt werden. Diesen Raum sollte ich sauber und ordentlich halten,
wöchentlich aufräumen, kehren, putzen und Staub wischen.
Meine Aufgabenbereiche haben sich
jedoch im Laufe des Jahres mit meinen Spanisch-
sprachkenntnissen erweitert. So
durfte ich bei den Kleingruppen mithelfen, Spiele mit den Kindern durchführen, Punkte
des Kinderprogrammes übernehmen, in der Bibliothek und bei den Eltern-abenden
mithelfen und einmal die Woche die Kinder im Armenviertel besuchen gehen.
Da das Projekt nur wenige feste
Mitarbeiter hat und die Leiter während meines Aufenthaltes sich eine Auszeit
gegönnt haben, habe ich mich zu keinem Zeitpunkt überflüssig gefühlt. Im
Gegenteil es gab immer genug Arbeit und so konnte ich mich als Bestandteil des
Teams identifizieren. Auch wenn der Anfang nicht leicht war, habe ich gelernt
meine eigenen Interessen zurückzustellen und das zu machen, was von mir
verlangt wurde. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich meine kreative Seite
entdeckt habe und ich meine Ideen einbringen konnte. Jedoch kann ich mein
Projekt auch verstehen, denn was sollen sie auch mit jemandem anfangen, der die
Sprache nicht beherrscht. So waren sie mehr oder weniger gezwungen mir eine
Arbeit zuzuteilen, wofür kein Spanisch benötigt wird. Was lernen wir daraus: Es
ist immer besser die die Sprache des Landes vorher zu lernen!
Land und Leute
Ich hatte das Glück und die Möglichkeit in meinen freien Wochen mit
anderen Freiwilligen das Land zu bereisen. Und ich war erstaunt wie vielfältig
nicht nur die Natur ist, sondern auch die Menschen sind. Kolumbien ist ein Land
der Gegensätze. Es gibt verschiedene Klimazonen und so ist von Wüste bis Schnee
alles aufzufinden. Obwohl ich nur einen
kleinen Teil bisher gesehen habe, war ich noch nie zuvor so fasziniert von der
Schönheit der Natur. Schon allein deshalb lohnt es sich Kolumbien einmal
gesehen zu haben. Jedoch auch wegen der Menschen, von denen man durchaus
einiges lernen kann. Dort an der Küste, wo ich ein Jahr verbracht habe, ist es
heiß und es hat eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit durch das Meer. Durch dieses
Klima sind die Menschen anders wie die in Deutschland. Ich versuche das einmal
zu erklären: Da es warm ist, sind die Türen der Häuser nur mit einem Gitter
verriegelt oder die Türen stehen einfach ganz offen. Zudem sind die Häuser
direkt aneinander gebaut. Dadurch bekommt man von dem Leben der Nachbarn mehr
mit als es einem lieb ist. Privatsphäre ist fast schon ein Fremdwort und es ist
normal, dass man sich gegenseitig unangemeldet besuchen kommt. Für die Mehrheit
der Kolumbianer haben Beziehungen einen höheren Stellenwert als Arbeit. Da
Kolumbianer fast mit jedem ein Schwätzchen halten, gerät oft die Zeit in
Vergessenheit und sie kommen grundsätzlich zu spät. Außerdem wird in Gruppen
gedacht und weniger als Individuum. Wenn sich einer etwas zu essen kauft,
erwarten die anderen, dass man es großzügig teilt. So ist es unüblich in
Restaurants getrennte Rechnungen zu verlangen und auch bei Taxifahrten zahlt
oft einer den vollen Preis und das Geld wird nicht aufgeteilt. Dies kann
anfangs einem ungewöhnlich und ungerecht vorkommen. Doch mit der Zeit bezahlt
jeder einmal und ich glaube es gleicht sich dann aus.
Sonst kann ich noch sagen: Es ist
laut. So gut wie jeder, besitzt eine oder mehrere große Musikboxen, selbst im
Armenviertel. Da kann das Haus noch so schäbig aussehen, Hauptsache man besitzt
solch eine Musikanlage! Die Menschen sind offen, temperamentvoll,
gesprächsfreudig, reden jedoch indirekt.
Die Besuche im Armenviertel machten mich
einerseits betroffen, andererseits
brachten sie mir Freude. Ich konnte sehen, wie die Kinder, die unser
Projekt besuchen, leben und verstehen warum sie so sind, wie sie sind. Obwohl
dort Armut herrscht, ist die Atmosphäre fröhlich und keineswegs gedrückt. Ich
glaube durchaus, dass die Kinder wissen, dass sie nicht alles haben was andere
Kinder in ihrem Alter haben, doch sie kennen es nicht anders und so ist es für
sie normal. Die Besuche haben mich gelehrt das zu schätzen was ich habe. Und
ich glaube wir können sehr viel von den Kolumbianern lernen: Lebensfreude,
Zufriedenheit, Großzügigkeit, Spontanität, Hilfsbereitschaft und ein herzliches
Miteinander, was in Deutschland, nach meiner Meinung, sooft fehlt.
Um etwas Abschließendes zu sagen.
Das Jahr in Kolumbien war das erfahrungsreichste und intensivste, das ich
bisher hatte. Ich bin an mir und meinen Stärken gewachsen, durch schwierige und
schöne Zeiten gegangen und habe entdeckt, dass ich zu mehr fähig bin, als ich
mir zutraue. Ich selbst habe mich viel mehr verändert, als dass ich etwas
verändert habe. Es war eine einzigartige Erfahrung und ich bereue meine
Entscheidung nicht dieses Auslandsjahr gemacht zu haben. Dem Nachhause gehen schaue
ich mit gemischten Gefühlen entgegen, denn ich habe in Kolumbien viele Menschen
ins Herz geschlossen und es wird mir schwer fallen diese zurückzulassen.
Von Julia